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Das Geschenk des Lebens

 "Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird, zu leben".

(Marc Aurel)

  

Hierzu fällt mir spontan unser Osterfest ein.

Historisch gesehen, liegen die Wurzeln des Osterfests in der keltischen Tradition. Damals gab es eine Frühlingsgöttin, die auch als Fruchtbarkeitssymbol verehrt wurde. Über deren Namen (Ostara, Eostra, Austra) und wirkliche Existenz wird noch immer gestritten. In der kirchlichen Lehre war nie Platz für eine Göttin. Um diesen Glauben und die damit verbundenen Bräuche abzuschaffen, hat die Kirche dann auch dafür  gesorgt, dass die Göttin vergessen wurde, in dem sie die Feier der Auferstehung Jesu auf diese "heidnischen" Feiertage gelegt hat.  Die Tatsache jedoch, dass auch heute noch die alten Rituale des Jahreskreises von einigen Wenigen gefeiert werden, zeigt aber, dass die Erinnerung noch in manchen Menschen lebendig ist. 

Ich glaube, dass die Menschen damals wesentlich inniger mit der Natur verbunden waren, als wir es heute sind. Der alte Glaube ließ sie im Einklang mit der Natur leben. Sie achteten und dankten für die Geschenke der Natur und des Lebens. Um ihrer inneren Überzeugung im Außen Ausdruck zu verleihen, haben sie Rituale geschaffen und die Lebensprozesse, von denen sie abhängig waren, wurden wie Götter verehrt. Die Zeit des Frühlings war damals so wie heute eine Zeit des Neuanfangs. Die Natur erblüht neu, erwacht aus der Dunkelheit im hellen Licht der Frühlingssonne. Die Felder werden  bestellt, ein neuer Wachstumszyklus beginnt. Es kommt die Zeit der Fülle. Die Frühlingsgöttin wurde damals u.a. mit einem Wagen beladen mit Eiern, der von einem Hasen gezogen wurde, dargestellt. Der Hase gilt als Symbol für Fruchtbarkeit, das Ei als Urzelle, aus der alles Leben entsteht.  Diese Symbolik hat sich bis heute erhalten. Auch heute verschenken wir an Ostern Hasen und Eier. Aber ich glaube, die Meisten kennen den tieferen Sinn nicht.  

Nicht nur die Natur, auch der Mensch ist diesem Zyklus des "Stirb und Werde" unterworfen. Nach der langen Dunkelheit des Winters, der inneren Einkehr, kommt nun das Licht, erweckt uns und lässt uns das Leben wieder spüren. Wir fühlen uns lebendig, voller Tatendrang und wollen etwas vollbringen. Neues will geboren und Altes losgelassen werden. 

Doch wie gelingt dies? So wie sich das neue Leben aus dem Ei befreit, in dem es die Schale durchbricht, so sind auch wir aufgerufen, unsere Schale der Begrenzung zu durchbrechen, um neues Leben schöpfen zu können.  Um Platz für das Neue zu schaffen, muss das Alte, das uns und der Liebe nicht mehr dienlich ist, losgelassen werden. Hierzu muss es jedoch erst gesehen und angenommen werden. Im Protest, aus Wut, Schmerz oder Angst kann man nicht loslassen. Diese Emotionen sorgen nur dafür, dass wir all das verdrängen, was wir nicht spüren wollen. Und alles Verdrängte nimmt Raum in uns ein und fordert viel Kraft von uns, die uns dann wieder für den Beginn des Neuen fehlt. Die Voraussetzung dafür, dass die Schale durchbrochen werden kann, ist der Wille zu leben und JA zu sagen. Die Schale zu durchbrechen heißt also auch, sich der eigenen Verletztheit, den Schmerzen und Ängsten anzunehmen und sie zu heilen, in dem man annimmt und vergibt. Die Schale zu durchbrechen bedeutet auch, sich jeden Tag neu zu entscheiden, für einen Weg des Herzens, sich wieder zu erlauben, zu fühlen und zu lieben, sich dem zu ergeben und hinzugeben, wer wir wirklich sind, damit wir endlich die werden, die wir in Wirklichkeit sind.  Damit der Kampf aufhören kann.

Vielleicht ist es an der Zeit, den von uns verwendeten Osterhasen und bunten Ostereiern einen neuen Sinn zu geben. Nehmen wir den Osterhasen als Sinnbild für die eigene Fruchtbarkeit, welche sich in Kreativität, Kraft und Umsetzung ausdrückt und das Ei als Symbol des neuen Lebens in Freiheit, Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortung, für welches wir uns jederzeit entscheiden können.   

Wir sind reich beschenkt und sehen es oft nicht. Nehmen wir als Beispiel unseren Planeten. Er stellt uns alles, was wir brauchen, zur Verfügung. Angefangen mit dem von uns benötigten Raum bis zu den Pflanzen, den Tieren, Rohstoffen etc. Der Mensch bedient sich dessen, ohne Gewissen und ohne Dankbarkeit. Ebenso gehen wir oftmals mit unserem menschlichen Gegenüber um.

Erinnern wir uns, wer wir wirklich sind. Wir sind nicht hierhergekommen, um gegen die Natur  und unser eigenes Selbst zu arbeiten, sondern um mit der uns umgebenden Natur und unser aller Heilung willen zu leben. Seien wir uns immer wieder des Geschenks des immer wiederkehrenden Lebens in uns und außerhalb von uns bewusst und nehmen es dankbar an. Dann können wir aus dem Mangeldenken austreten  und die Fülle des Lebens kann uns erreichen.